

Neulich hatte ich einen Traum. Er war so richtig klar. Es war nicht so wie jetzt. Es fühlte sich an, als würde es noch geschehen. Nicht morgen aber vielleicht in 10 oder 15 Jahren. Ich war im Moor. Torfmoose mit ihren saftigen Köpfchen strahlten in leuchtendem Grün. Weiße flauschige Püschel tanzten auf dünnen Halmen im Wind. Es war wunderschön. Matten aus Schilf, Binsen und Rohrkolben bildeten Wege durchs Moor und schützten es zugleich. Meine Füße trugen mich über die Matten. Der Boden waberte unter ihnen. Jeder Schritt, verbunden mit dem Moor. Ich ging. Die Matten wandelten sich zu einem Steg, der mich über die Torfmoose hinaus auf offenes Wasser führte. Das Wasserloch, wie eine Pupille, welche das Moor nach Oben in den Himmel blicken lies. Ich weiß nicht, woher ich es wusste, aber ich wusste, ich war hier auf der „Kulturellen Moorpartie“. Am Ende des Stegs waren kleine Kajaks befestigt. Neben mir sagte eine Stimme: „Du kannst dir ein Kajak leihen. Steig ein und erkunde das Moor vom Wasser aus. Halte dich fern von den Rändern, schütze die Moose.“ Ich stieg ein und paddelte los. Die Pupille sog mich in ihren Bann. Obwohl sie nicht besonders groß war, genoss ich auf dem glitzernden Wasser das Moor aus einer anderen Perspektive zu sehen. Ich nährte mich dem entgegengelegnen Ufer, entdeckte erst jetzt die kleinen Schlafkojen, aus Schilf und Rohrkolben gebaut. Irgendwie erinnerten sie mich an Vogelnester. Ich vertäute mein Kajak und pflanzte mich in eines der Nester. Schloss die Augen. Hörte das Moor.
Stimmen die an mein Ohr drangen, holten mich zurück. Nun befand ich mich auf einem hölzernen Plateau am Rand des Moores. Um mich herum Menschen, ich mitten unter ihnen. Die Stimmung war euphorisch. Swantje Furtak, Moorjornalistin und ihr neues Buch „Torf raus aus den Töpfen“ waren der Grund dafür. Buchrelease - und wir live dabei.
Beim gehen zogen mich meine Beine zu einem Stelzenhaus in nächster Nähe. Die Tür war offen, ich warf einen Blick hinein. Projektionen von riesigen Torfmoosen zierten die Wände, ich sah, was andere unter dem Mikroskop sahen. Sounds des Moores ertönten im Raum. Hier wurde das Moor sichtbar und hörbar. Am Eingang gab es Lupen und Ferngläser zum verleih - kostenlos verständlich.
Im nächsten Moment schwangen wir uns auf unsere Räder. Es dämmerte. Wir schnitten die uns kreuzenden Nebelschwaden. Etwas vom Moor entfernt waren bunte Lichter gen Himmel gerichtet. Die Silhouette eines Hofes wurde deutlich. Eines von vier dezentralen Festivalzentren. Angekommen – Lichter, Musik, Menschen – jeden alters. Eine Freundin griff meine Hand. Ihre weichen Hände führten mich auf die Tanzfläche. Der Bass lies die Luft und uns vibrieren. Leichte Nebelschwaden machten das Licht sichtbar und spielten mit ihm. Geschminkte Gesichter schauten uns als Moorfrosch, Kiebitz oder Sumpfohreule entgegen. Tiere des Moores.
Ich tanzte mit einem Moorfrosch. Er quarkte: „Komm mit!“ und führte mich weiter durch die Menge, raus aus dem Trubel. Bei einem Teller mit sonderlich grünen Leckereien kamen wir ins plaudern. Paludifood. Lebensmittel aus nasser Landwirtschaft. Rohrkolben, Blaubeeren und Wasserlinsen zierten unseren Teller. Neben Wasserbüffelmozerella waren das die kulinarischen Highlights. Der Frosch erzählte: „Nach meiner Ankunft gestern, waren wir bei einer Entkusselungsaktion. Wir haben junges Gehölz aus dem Moor entfernt. Oft sind die wiedervernässten Flächen noch nicht im Gleichgewicht und brauchen Pflege. Bäume und Sträucher entziehen den Flächen zu viel Wasser. Das Holz, welches hier vor zwei Jahren aus dem Moor gezogen wurde, wärmt uns jetzt übrigens am Lagerfeuer.“ Ich nickte ihm zu und fragte ihn, was er für die nächsten Tage geplant hatte. Wir verabredeten uns auf einem anderen Hof mit dem Schwerpunkt „Baustoffe aus Paludikultur“. Sämtliche Baumaterial aus nasser Landwirtschaft gibt es dort zum Anfassen und Bestaunen. Das Konzept des Hofs geht sogar noch weiter und lässt alle Gäste, die über Nacht bleiben wollen, ihre Unterkunft aus Schilf und Rohrkolben selbst bauen. Beim Abschied zauberte der Frosch zwei Klebetattoos aus der Tasche auf beiden war ein Sonnentau, welcher im nächsten Moment unsere Unterarme zierte.
Am nächsten Tag weckten mich die Sonnenstrahlen, leider nicht nur im Traum, sondern auch in Realität. Mit dem Öffnen der Augen endete die Kulturelle Moorpartie. Oder ist es ihr Anfang?








